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Christoph Lentsch
Autor: Mag. (FH) Christoph Lentsch
christoph.lentsch@motorrad-magazin.at
29.3.2019

Husqvarna Svartpilen 701 TestSchwarze Spitze

Natürlich gibt es Hipster-Bikes, die von den Herstellern hinsichtlich Fahrbarkeit und -dynamik so mild und selbstverständlich entwickelt wurden, dass sie einen möglichst breiten Kundenkreis erreichen. Im besten Falle auch neue Kunden, die gar keine „richtigen“ Motorradfahrer sind. Die Husqvarna Svartpilen 701 gehört definitiv nicht dazu. Denn wenn Mattighofen ein Motorrad baut, dann wird stets gewürzt wie beim Inder auf die Ansage „Das Curry sollte schon ein bisschen scharf sein“. Deshalb entwarf Kiska rund um das dürre, athletische Chassis und den hauseigenen Einyzlinder mit 692,7 Kubik, der 75 PS und 72 Nm leistet, ein vom Flat-Track inspiriertes retro-futuristisches Design, das in diesem Stil nur mit jenem der modernen CB-Reihe von Honda vergleichbar ist. 

Ein bisschen Oldschool (runder Scheinwerfer und Spiegel, Minimaske, einseitige Startnummerntafel, Heck-Bürzel) und ein bisschen New-Wave (5-Speichen-Felgen, LED-Technik, LC-Display, extrem präzise Formensprache) ergeben eine unverkennbare Mixtur von Zitaten aus der Vergangenheit und Vorstellungen von der Zukunft.

Das gefällt nicht jedem, soll es auch nicht. Denn Husqvarna geht es eben nicht darum, eine möglichst breite Anhängerschaft um seine Streetbikes zu sammeln (mit den Offroadern wird ohnehin das meiste Geld gemacht), sondern ein Statement zu setzen und sich außerdem klar von der Konzernschwester KTM abzuheben. Ein Hipster-Hobel sollte übrigens genau das sein: individuell, polarisierend, emotional – und nicht breitenwirksam und massentauglich.

Dass dieses superschlanke und inklusive vollem 12-Liter-Tank ca. 170 Kilogramm leichte Naked Bike sich nicht besonders bemüht, Freunde zu finden, wird bei der ersten Sitzprobe am 835-Millimeter-hohen Rücken klar. Das voll einstellbare Fahrwerk von WP gibt kaum nach, der Sitzpolster dämpft unwesentlich mehr als ein Platzdeckerl. So wirkt die Svartpilen auch höher als andere Bikes mit dieser Sitzhöhe. Bequemer als ihre Schwester, die Vitpilen, ist sie aufrund des höheren Lenker und des geänderten ergonomischen Dreiecks zwischen ebendiesem, dem Sitz und den Fußrastern trotzdem. Durch den Sozius aus Gummi wirkt die Husky wie ein Monoposto, Hintern von allfälligen Passagieren könnten darauf ins Schwitzen geraten.

Die Armaturen wirken auf dem sonst sehr gelungenen Bike etwas billig, in den (Zubehör-)Spiegeln war kaum etwas zu sehen und das Display wirkt sowieso wie verirrt und will sich nicht so recht ins Design einfügen. Man konnte sich ancheinend nicht eindeutig für eine reinsortige Variante entscheiden, also Oldschool (analoges Instrument mit kleinem LCD-Fenster) oder Newschool (kleines, maximal reduziertes LC-Display, ähnlich einem Motogadget).

Doch der Gesamteindruck bleibt positiv und verstärkt sich noch, wenn der Einzylinder erwacht. Vibrationen sind zwar in Lenker und Sitz phasenweise deutlich zu spüren, vor allem im etwas unangenehmen, hochfrequenten Bereich, aber was werden wir tun, wenn sich selbst Einzylinder eines Tages nicht mehr rüttelten und schüttelten, weil dann nur noch Magnetspulen vor sich hinsäuseln?

Die Lebendigkeit ist also nicht nur zu verkraften, sondern in gewissem Maße sogar gewünscht und wer den Single erstmal zu provozieren beginnt, der hat schnell vergessen, dass er im städtischen Stoßverkehr etwas nerven kann. Die Svartpilen 701 soll schließlich die Flucht durch und aus der Stadt ermöglichen, wo sie sich erst so richtig entfalten kann. Denn wenn man denkt, jetzt hätte man das volle Potenzial der 75 PS ausgeschöpft, dreht man noch ein paar Grad mehr am Gas und kann kaum glauben, welchen Druck das kompakte Kraftwerk erzeugt.

Eingefangen wird das Geschoss von nur einem Vierkolben-Bremssattel mit einer 320er-Scheibe an der linken Seite, unterstützt von einem sportlich eingestellten, konventionellen ABS. In Last-Minute-Bremsmanövern würde man sich zwar eine zweite Scheibe wünschen, aber das leichte Motorrad macht diese nicht unbedingt notwendig.

Im Unterschied zur Vitpilen hat der schwarze Pfeil vorne eine 18-Zoll-Felge eingebaut, bereift ist der Tracker mit Pirelli MT60 RS, wie man sie von der Ducati Scrambler 800 kennt. Die Svartpilen ist trotzdem agiler zu dirigieren, weil man mit dem hohen Lenker mehr Hebelwirkung ausüben kann. Die Schräglagenfreiheit genügt praktisch jeder auf der Straße unter normalen Umständen möglichen Schräglage. Die ebenfalls konventionelle Traktionskontrolle erschwert oder verhindert Wheelies, wie von KTM und Husky gewohnt kann man diese aber über einen nicht gekennzeichneten Druckknopf am Display deaktivieren. Der serienmäßige Schaltautomat funktioniert einem Einzylinder entsprechend gut, die Kupplung ist aber so leichtgängig, dass man beim Herunterschalten auch gerne selbst Hand anlegt. Der Akrapovic-Endtop aus dem Zubehör ist hingegen fast nur optischer Aufputz, ein akustischer Unterschied zum Serientopf war kaum wahrnehmbar.

Die volle Action einer 790 Duke oder 690 Supermoto kann die Svartpilen nicht bieten, aber sie ist in diesem Segement wohl das aufregendste Modell, das dem Fahrer wie ein Teufelchen ständig einflüstert, die sprichwörtliche Sau raus zu lassen. Man sollte also einen sportlichen Anspruch haben, wenn man sich für eine der beiden Pfeile entscheidet, denn nur durch die Stadt zu gondeln wird ihnen nicht gerecht – und macht auf Dauer auch keinen Spaß. Dafür tun's auch die 401er.

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